Julius Dasche und Alexander Becker verbindet eine gemeinsame Vergangenheit: Sie haben zusammen Musik studiert. Auch ihre Leidenschaft für das Filmemachen entdeckten sie zur gleichen Zeit während des Studiums: So arbeiteten sie in unterschiedlichen Positionen wie Continuity, Beleuchter, Kameraassistent und Cutter. Das Bewegtbild ließ sie nicht mehr los, sodass beide noch ein Studium draufsattelten: Dasche studierte weiter Regie an der Kunsthochschule für Medien Köln, während Beckers Weg Richtung Kamera-Studium ging. Mit uns sprachen sie über ihr Preproduction Tool Preproducer und Metadaten.
“Das ist eine Lebensaufgabe”
Durch die Arbeit an verschiedenen Sets erkannten sie, dass sich im Bereich Preproduction die Effizienz noch deutlich steigern ließ. Bei der Vorproduktion eines Films geht es darum, ein Drehbuch so weit zu planen und zu kalkulieren, dass man den gesamten Drehablauf schon vor Augen hat. Zu den Aufgaben gehören neben Termin- und Kostenplanung auch Vertragsabschlüsse, Materialbeschaffung und die Organisation des Drehorts und der Crew.
Bei den meisten Produktionen hatte sich Software für einzelne Bereiche wie Finanzbuchhaltung oder Drehplanung bereits durchgesetzt, doch keine Lösung berücksichtigte alle anfallenden Arbeiten in der Preproduction. Da Becker von Jugend an programmierte, beschlossen die beiden 2002 mit der Arbeit an Preproducer zu beginnen – und haben seitdem nicht mehr aufgehört, daran zu tüfteln. „Das ist für uns ein Lebensprojekt,“ erklärt Becker.
Das Konzept hinter Preproducer ist einfach: Der User soll dort arbeiten, wo er sich bereits auskennt – im Netz. Deshalb ist das Tool durchgängig eine webbasierte Lösung, die alle Gewerke der Preproduction sinnvoll miteinander verbindet. Wie bei einer Webseite im Internet kommt man ohne komplizierte Untermenüs aus. Der All-in-One-Ansatz ist ein großer Unterschied zu Konkurrenzprodukten wie Adobe Story, FuzzleCheck oder Sesam, die entweder nur Teilbereiche wie Drehbuchentwicklung, -planung und Budgetkalkulation abbilden oder die einzelnen Aufgaben über separate Softwarelösungen abdecken.
Ein weiterer Vorteil: Dank Preproducer können unbegrenzt viele Leute an einem Filmprojekt gleichzeitig und in Echtzeit arbeiten. Vom Schreiben des Drehbuchs über Terminplanung am Set bis hin zu Urlaubseintragungen oder die Sozialversicherung aller Mitarbeiter lassen sich alle Schritte der Vorproduktion mit Preproducer abbilden. Zudem ist die Lösung mit Drehbuchtools wie Final Draft oder CeltX kompatibel: Autoren können ihr Drehbuch in der ihnen vertrauten Software verfassen und dann in Preproducer als xml-Datei einstellen. Alle Daten wie auch gedrehtes Material liegen auf einem Server und können von überall aufgerufen werden.
Dabei beweisen die beiden Macher großes Verständnis gegenüber ihren Anwendern: „Wir wollten ihnen entgegenkommen und haben uns deshalb an den ursprünglichen Papiervorlagen orientiert. Denn teilweise wäre es für uns einfacher gewesen, Workflows anders zu integrieren,“ so Dasche. Dieses Jahr arbeiten die beiden vor allem an der Internationalisierung ihres Tools: Die englische Version von Preproducer steht bereits in den Startlöchern, hinzu kommen noch amerikanische und internationale Kalkulationsschemata. Auch Apps für Smartphone und Tablet wollen Dasche und Becker zügig angehen.
Metadaten – eine gemeinsame Sprache
Das Team arbeitet derzeit an Schnittstellen zu anderen Lösungen und Plattformen, darunter auch easySCOTT. Das Continuity-Tool wird von Preproducer Daten erhalten, die wichtig für Aufgaben am Set sind, etwa Vorstoppzeiten oder Motive. Gleichzeitig sollen von easySCOTT auch wieder Daten an Preproducer zurückfließen – diese können beispielsweise für die Kalkulation herangezogen werden.
Für eine so enge Zusammenarbeit von Software sind Metadaten essentiell. In der Filmproduktion sind das nicht nur Timecodes und Länge eines Clips, sondern auch Informationen über Szenen, Crew oder Cast. Die Informationen, wie viele Drehtage ein Schauspieler absolviert hat oder wie viel Material gedreht wurde, sind nicht nur am Set, sondern definitiv auch für die Buchhaltung von Interesse. Metadaten werden für eine verstärkte Standardisierung sorgen und inkompatible Eigenlösungen obsolet machen, davon sind Dasche und Becker überzeugt: „In einer globalisierten Produktion müssen verschiedene Lösungen miteinander kommunizieren können,“ erklärt Dasche. Sein Kollege Becker ergänzt: „Die einzelnen Programme werden künftig dank Metadaten ein- und dieselbe Sprache sprechen.“
Liegen Metadaten aber ungeordnet vor, sind sie nutzlos – eine sinnvolle Ordnung zwischen den anfallenden Informationen muss hergestellt werden. Deshalb arbeitet Preproducer mit einer hierarchisch organisierten Datenstruktur, um komplexe Beziehungen abzubilden. Hier zeigt sich der Vorteil von Metadaten: Bestimmte Elemente wie Figur, Drehbuchszene oder Termin lassen sich eindeutig machen. Durch die Verbindung von Metadaten können Tools wie Preproducer oder easySCOTT Abhängigkeitsstrukturen auswerten und darstellen.
Dasche erklärt das anhand eines einfachen Beispiels: „Wenn ich in Preproducer z.B. einen Schauspieler Max Müller einfüge und ihm eine Rolle zuweise, kann ich diese automatisch in Drehbuchauszüge einfügen und mit ihnen verknüpfen oder von den Drehtagen aus darauf zugreifen. Es ist aber auch möglich, auf dieser Basis eine Gagenkalkulation zu erstellen. Ohne Metadaten würde das nicht funktionieren.“
Gerade mit Blick auf das entstehende Digitale Filmset werden solche Tools bald Standard sein – Lösungen wie Preproducer und easySCOTT leisten dazu ihren Beitrag: „Ich glaube, dass easySCOTT als On-Set-Lösung ein Vorreiter ist,“ sagt Dasche dazu. „Als ich seinerzeit als Continuity mit Hunderten von Zetteln und Schmiererei konfrontiert war, habe ich mir so ein Tool immer gewünscht. Metadaten bringen auch am Set riesige Vorteile.“
What’ in your bag?
Derzeit arbeiten sie weniger am Filmset als im Hintergrund. Auf die Frage „What’s in your bag?“ nennt Julius Dasche als Konzept-Ersteller kurz und knapp Stift und Papier, das Internet und generell ein Rechner. Für Alexander Becker ist das Smartphone das elementare Arbeitsgerät wegen der schnellen Kommunikation: „Schnelligkeit wird heute einfach erwartet.“
Weitere Informationen zu Preproducer findet ihr hier: http://www.preproducer.com/