Im zweiten Teil unseres Interviews mit Continuity & Script Garikoitz John spricht er über das Für und Wieder von digitaler Continuity-Arbeit. Im ersten Teil hatte er uns über seinen eigens zusammengestellten Mix an Apps für Script & Continuity berichtet. Du findest ihn hier!
Ganz generell gesprochen: Welche Vorteile siehst du bei der Digitalisierung von Continuity?
Flexibilität und Schnelligkeit. Man kann Berichte parallel an verschiedene Leute schicken. Für mich bedeutet es weniger zu schleppen, weniger Organisationsaufwand zu haben, und es ist günstiger. Ein Berichtblock mit Durchschlagsbögen kostet zehn Euro, der ist in zwei Tagen voll. Bei fünfzig Drehtagen wie für About Kate sind das bereits 25 Blöcke, also mindestens 250 Euro. PDFs muss man nicht ausdrucken, sondern man kann sie am Computer ansehen. Es entstehen daher keine Folgekosten.
Siehst du auch mögliche Nachteile oder Gefahren bei digitaler Continuity?
Jede Technik ist anfällig. Ein iPad kann immer abstürzen, gestohlen werden oder kaputt gehen. Mir ist einmal folgendes passiert: Ich hatte einen eigenen Stuhl mitgebracht und mein iPad daraufgelegt. Zwei Minuten später saß die Hauptdarstellerin darauf. Gottseidank war sie sehr leicht, sodass das iPad überlebt hat. Aber es hätte auch anders sein können. Man sollte sich nie hundertprozentig auf Technik verlassen, deshalb habe ich als Sicherheit immer noch Papierbögen dabei.
Papier ist das Sicherheitsnetz. Viele Jobeinsteiger wollen sich das ein bisschen einfacher machen: Sie nehmen alles mit dem Handy auf und meinen, alle Informationen zu haben. Aber wenn ich mit dem iPad filme, passe ich nicht auf. Ich muss ja auch ins Drehbuch gucken – ist der Text richtig, welche Handlung usw. Das notiere ich mir auch nach wie vor auf Papier. Wenn man die ganze Zeit filmt, achtet man nur darauf, ob man alles im Bild hat. Da schleichen sich Fehler in der Continuity ein. Deshalb habe ich lieber eine Info weniger. Was nützt es mir, wenn ich alle Informationen habe, aber nicht weiß, welche wichtig sind?
Welche Bedenken haben Produktionsfirmen bezüglich digitaler Lösungen für Continuity oder ist es letztendlich nur Trägheit und mangelnde Flexibilität?
Ich denke gar nicht, dass die Firmen Vorbehalte haben, eher ist es so, dass sie es den Continuitys überlassen. Ich habe es so erlebt, dass niemand etwas dagegen hatte, wenn ich das digital machen wollte. Es besteht teilweise noch eine Unwissenheit, dass es die Möglichkeit gibt. Der Beruf an sich hat sich nicht großartig verändert: Die Berichte von vor fünfzig Jahren sind genauso wie die von heute. Aber inzwischen ist im Alltag alles digital – warum sollten wir also nicht auch unseren Job digital machen? Einige Firmen geben dir von sich aus gleich eine Excel-Tabelle für den Tagesbericht.
Es wird sich wahrscheinlich ändern, wenn eine neue, jüngere Generation an Continuitys nachkommt, die mit mobilen Geräten vertrauter sind.
So ist es. Der Knackpunkt ist: Es muss schneller als früher gehen. Ich habe auch Continuitys erlebt, die sagen, dass sie mit einem iPad viel länger brauchen einen Bericht fertigzustellen, weil sie privat kein iPad nutzen und keine Erfahrung damit haben.
Ich denke, das Interesse wird kommen, da sich die Postproduktionslandschaft ändert. In Zukunft werden die großen Kopierwerke nach und nach verschwinden. Man hat dann ein paar Chipkarten oder eine Festplatte, die dann jeden Abend zum Cutter-Assistenten gehen. Der kopiert sich die Daten selbst. Es besteht einfach keine Notwendigkeit mehr, dass die einzelnen Leute am selben Ort sind. In dem Moment, wo alle nicht mehr am selben Ort sind, wird es auch interessant, dass Continuity in einem größeren Rahmen verfügbar ist.
Letzte Frage: What’s in your bag? Was ist deine Standardausrüstung?
So wahnsinnig viel ist das gar nicht mehr: das Drehbuch – die Bibel sozusagen. Ganz wichtig: Das Buch in Papierform, damit ich es mit einem Griff parat habe. damit ich sämtliche Informationen im Cutterbericht unterbringe. Das Buch hat schließlich alle Informationen die ich notiere. Bewegungsanschlüsse, Wege etc. Solche Informationen sind für den Continuity wichtig. Da gibt es keine Alternative. Dazu das iPad, eine Stoppuhr, eine kleine Notenlampe, weil Stirnlampen für mich nicht funktionieren, ein kleiner Hocker und jede Menge Kopfschmerztabletten.
Vielen Dank für das Interview!