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LockitScript bei Berlin Station

„Es passieren viele spannende Sachen“ – LockitScript bei Berlin Station

Aktuell läuft die dritte Staffel von Berlin Station. Wieder macht sich CIA-Agent Daniel Miller von seinem Posten in Berlin auf geheime Mission. Die amerikanische Produktion setzt im Department Script Supervision auf Laura Ritter – und auf LockitScript. Wir haben mit ihr über Berlin als Filmort gesprochen, über die Unterschiede in deutschen und amerikanischen Produktionen und wie Binge Watching frischen Wind in die deutsche Serienlandschaft bringt.

Hallo Laura. Danke, dass du dir wieder die Zeit genommen hast, mit uns zu sprechen.

Sehr gerne!

Dein neuestes Projekt war die dritte Staffel von Berlin Station, eine amerikanische Produktion in Deutschland und spielt hauptsächlich in Berlin, aber auch in Budapest.

Das stimmt nicht ganz. Studioaufnahmen wurden in Budapest gedreht, die Serie an sich spielt aber in Berlin. Außendrehs wurden in Berlin gemacht. Wir waren auch mal in Wien und für „Frankreich“-Aufnahmen in Kroatien, haben also ein bisschen „geschummelt“. Es ist und bleibt aber Berlin Station, wobei ein Teil der Story diesmal auch in Estland und Russland spielt.

Warst du bei den anderen Drehorten dabei?

Ich habe in Berlin, Wien und Budapest mitgedreht. Die Drehblöcke in Berlin habe ich mir mit meiner Kollegin Sabine Zimmer geteilt: Wir haben im Wechsel je zwei Folgen übernommen, dann hatte ich kurz Drehpause, in der ich die nächsten zwei Folgen vorbereitet habe. Währenddessen arbeitete Sabine an den nächsten zwei Folgen usw. So kam ich am Ende auf sechs Episoden und Sabine auf vier.

Arbeitet ihr beide mit LockitScript?

Ja, Sabine hat es dieses Jahr zum ersten Mal ausprobiert. Sie hatte letztes Jahr bei Deutschland 86 schon Second-Unit-Tage übernommen und mit LockitScript gearbeitet. Dieses Jahr wollte sie es selbst ausprobieren und das hat gut funktioniert. Es ist am Anfang noch etwas seltsam, wenn man Papier gewohnt ist. Aber es hat den unschlagbaren Vorteil, dass man abends die Berichte einfach digital rausschicken kann und nur ein Interface hat, in das man alle Infos eingibt. Das ist bestechend und das wollte sie auch.

Hast du von den Kollegen in den Second Units Interesse für digitales Arbeiten am Set erlebt?

Die Kollegen arbeiten bereits digital, allerdings am Laptop. Wir sehen uns aber selten bei der Arbeit. Das Interesse ist aber grundsätzlich da: Erst gestern habe ich mich mit einer Kollegin getroffen, um ihr LockitScript zu zeigen. Gerade wenn ich jemanden vertrete, wirkt es auf das Team ein bisschen befremdlich, dass ich nur meine Stoppuhr und ein iPad dabeihabe. Dann erkläre ich gern, welche Apps ich benutze. Das Interesse ist dann groß: „unsere Kollegin sitzt abends immer so lange“ – das mache ich eben nicht (lacht). Gerade bei langen Projekten geht das lange Arbeiten körperlich an die Substanz. Zwei Stunden weniger pro Drehtag machen da einen großen Unterschied, gerade bei Serien.

So haben wir es noch gar nicht gesehen – LockitScript als Beitrag für die Gesundheit von Script Supervisors – wie sieht es mit der Lernkurve bei LockitScript aus?

Das Meiste konnte ich nach der ersten Woche Deutschland 86 bereits. Seitdem werde ich immer sicherer und gerate nicht mehr in Verzweiflung, wenn etwas nicht stimmt, z.B. wenn Clips nicht zugeordnet sind. Dann hole ich sie mit einer größeren Selbstverständlichkeit wieder raus und sortiere sie ein. Ich rufe zwar vereinzelt immer noch beim Tech-Support an, aber die helfen einem dann auch schnell weiter.

Ich habe den Eindruck, dass immer mehr amerikanische Produktionen nach Europa gehen, vielleicht auch nach Berlin, einfach weil Berlin hip ist.

Ich sehe zwei Entwicklungen: Dass die Amerikaner aus Kostengründen weiter nach Osten gehen, sodass viel in Budapest und Prag gedreht wird. Neulich habe ich ein Angebot bekommen für einen deutschen Krimi, der in der Ukraine gedreht wird, weil es günstiger ist. Das Abwandern ist auf jeden Fall ein Phänomen.

Gleichzeitig gibt es mehr deutsche Eigenproduktionen durch Netflix, Amazon Prime oder Sky. Da finden sich natürlich mehr große Projekte, die aber deutsch sind.

Merkst du Veränderungen bei deiner Arbeit? Etwa mehr Internationalität oder, dass deutsche Inhalte ins Ausland vermarktet werden? Werden deine Aufträge dadurch zahlreicher?

Als Script Supervisor fällt das nicht so ins Gewicht, weil man pro Projekt nur einen braucht. Klar kommen bei großen Produktionen Second Unit-Tage dazu. Das ist aber nicht so wie bei großen Departments wie Beleuchtung, wo die Truppe bei großen Produktionen auch wächst.

Aber was ich merke: Das Angebot bei den Serien wird insgesamt ansprechender. Es gibt nicht mehr nur deutsche Vorabendserien, sondern da passieren viele spannende Sachen.

Primetime und teurere Produktionen…

Genau. All die Streamingserien, die auch aus Continuity-Sicht spannend sind. Eine deutsche Serie, wie sie bisher im Vorabend-Programm lief, hatte eine Storyline pro Folge und einen Hauptcast mit eher privaten Problemen. Es gibt keinen durchgängigen roten Faden für eine große Gesamt-Story.

Weil die Leute mehr Binge-watchen, muss man als Script Supervisor einen ganz anderen Überblick über alle Folgen einer Serienstaffel mit zehn oder zwölf Folgen haben, weil man nicht mehr sagen kann: Bis nächste Woche hat das Publikum die Folge vergessen. Stattdessen muss man als Script Supervisor 600 Minuten im Kopf jonglieren können. Es wird auf jeden Fall anspruchsvoller – sowohl die Arbeit als auch die Storys.

Findest du, dass sich durch den Einfluss der amerikanischen Produktionen auch das Arbeiten am deutschen Set verändert?

Die Arbeit bleibt in Grundzügen gleich, aber es überlappt sich mehr. In Deutschland arbeitet man mehr und mehr im AD-System. Die großen Unterschiede liegen in den Abläufen und den Hierarchien. Mit Abläufen meine ich hauptsächlich Postproduktion – da geht es oft um Budget und Zeit. In der deutschen Serie war der Fokus stark auf der Länge der Folgen, damit sie genau auf ihren Sendeplatz mit der Werbung passte. Natürlich kann man in der Post kürzen, aber jede herausgeschnittene Szene ist hinausgeworfenes Geld. Das gibt es bei Streaming-Serien nicht mehr, weil die Folgenlänge flexibler ist und weil man eine durchgängige Storyline verfolgt. Dadurch kann man manche Sachen in eine andere Folge schieben und ist nicht so schnell versucht, wegen Sendelänge Material zu opfern.

Was siehst du für Unterschiede bei Script Supervision nach europäischer vs. amerikanischer Art?

Ich denke, dass amerikanische Script Supervisor sehr viel mehr Macht am Set haben als ein Script Supervisor im deutschen System. Ich persönlich muss aber nicht mit einem Walkie-Talkie im Video Village sitzen und die Kamera-Abteilung wahnsinnig machen, bis sie kurz davor sind ihren Take abzubrechen. Lieber gehe ich zu allen Abteilungen und erkläre, was ich benötige und warum das wichtig ist. Ich arbeite daran, dass die Schauspieler mir vertrauen. So vermeide ich große Diskussionen, weil ich alles schon im Voraus geklärt habe.

Ansonsten: Die Klappenbenennung und die Berichte sind ein bisschen anders, wobei die deutschen Postproduktionen auch mit den amerikanischen Berichten gut zurechtkommen. Umgekehrt ist das nicht der Fall. Bei den amerikanischen Produktionen muss ich am Ende ein eingestrichenes Drehbuch mit allen Textänderungen abgeben, was zu jeder Szene eine gegenüberliegende Seite hat. In LockitScript heißt diese Facing Page. Hier ist es aktuell so, dass die Facing Page nach Drehtag ausgegeben werden und nur auf der ersten Seite der Drehtag steht. Dann steht aber nur in einer von zehn Szenen der Drehtag und ich muss das handschriftlich überall ergänzen. Das müsstet ihr mal updaten in einer der nächsten LockitScript-Versionen.

Gab es sonst noch andere Herausforderungen? Es ist schön, dass alles funktioniert, aber fürs Storytelling bräuchten wir noch mehr Drama –

(lacht) Nein, inzwischen läuft der Ablauf sehr smooth ab. Dafür ist das Produkt einfach zu gut. Große Hindernisse würden nur auftauchen, wenn die Kommunikation nicht passen würde. Ich merke, dass ich gerne noch enger mit dem Technik-Team zusammenarbeiten möchte. Es gibt Kleinigkeiten, die man verändern könnte: Für Berlin Station haben wir in Wien viel in der Kanalisation gedreht – da gibt es natürlich kein Internet. Da wäre es schön, manuell speichern zu können und das Gefühl zu haben, dass es jetzt sicher ist, auch wenn es noch nicht in der Cloud ist.

Sabine, die LockitScript neu benutzt, hätte zum Beispiel gerne, dass man bestimmte Szenen „locken“, also sperren kann, wenn sie abgedreht sind und nichts mehr geändert werden muss. Dass man ein grünes Wolken-Icon mit Häkchen hat, ist ihr nicht genug als Abspeicherungsvorgang. Was ich verstehen kann – es kann ja immer passieren, dass man in Szene 23 arbeitet, obwohl man gerade Szene 22 gedreht hat, weil man im Menü verrutscht ist. Dabei ist die Szene 23 vielleicht schon längst abgedreht. Da wäre es gut, wenn man diese Stolperfallen umgehen könnte.

Das sind alles machbare Ideen. Es freut uns jedenfalls, dass die Arbeit mit LockitScript so gut klappt.

Ich dachte immer, ich werde die Letzte sein, die komplett handschriftlich arbeitet, weil ich das System gut fand. Jetzt bin ich eine der ersten, die komplett digital arbeitet. Das hätte ich nicht gedacht! Aber ich bin davon überzeugt. Ich habe durchaus ein Faible für gute technische Entwicklungen.

Vielen Dank für das Gespräch!