Florian Froschmayer ist gebürtiger Schweizer, lebt aber seit elf Jahren in Deutschland. Nachdem er als Cutter anfing, wechselte er bald ins Regiefach: In der Vergangenheit zeichnete er für zwei Kino- und neun Fernsehfilme verantwortlich, darunter vier Tatort-Folgen. Hinzu kommen zahlreiche Engagements bei verschiedenen Fernsehserien. Nachdem er mit seiner hausgemachten Datenbanklösung für die Preproduction an Grenzen stieß, begann Froschmayer mit der Entwicklung einer professionellen Lösung namens SCRIPTtoMOVIE – und finanzierte das Projekt über eine Crowdfunding-Kampagne. Mit uns sprach er über digitale Filmplanung, Preproduction Tools und der Scheu vor dem digitalen Filmset.
Neben dem Dasein als Filmregisseur ist Froschmayer ein ausgesprochener Technik-Freak: Weil die bestehenden Tools für die Vorproduktion seine Erwartungen nicht erfüllten, begann er, sich ein eigenes Tool zu basteln. Zunächst erstellte Froschmayer eine Filemaker-Datenbank, mit denen er seine Filmprojekte vorbereitete.
Nach und nach erweiterte er sie, bis er schließlich an die Grenzen von Filemaker und seinen eigenen Programmierfähigkeiten kam. Da auch einige Kolleginnen und Kollegen seine Lösung nutzten, stand er vor der Entscheidung, es entweder bei der Filemaker-Datenbank zu belassen und Abstriche bei der Funktionalität in Kauf zu nehmen, oder erfahrene Programmierer zu engagieren um ein richtiges Software-Tool daraus zu entwickeln. Er entschied sich für letzteres und legte mithilfe von Cap&More Solutions los.
Mit gutem Design gegen die Technikaversion
Vor allem das Problem der Handhabung wollte Froschmayer angehen: Die meisten Tools, die sich auf dem Markt befinden, sind entweder reine Produktionstools wie Sesam, Movie Magic und Fuzzlecheck – oder vorwiegend als Schreibtools konzipiert wie FinalDraft und CeltX und konnten Froschmayer nicht zufriedenstellen. Doch der Weg zu einer eigenen kommerziellen Lösung birgt Hindernisse: „Nach wie vor haben viele in der Branche eine gewisse Scheu vor technischen Lösungen. Bei den Tools auf dem Markt ist die Handhabung oft nicht effizient und die Programme brauchen eine lange Einarbeitungszeit. Kurz: Sie vereinfachen nicht die Arbeit.“
Sein Ziel war es deshalb, eine Software zu erstellen, die aus der Perspektive der Kreativen und nicht der Produktion arbeitet und die so benutzerfreundlich ist, dass selbst weniger Technikbegeisterte schnell damit arbeiten können.
Mit SCRIPTtoMOVIE sollen Filmschaffende vom fertigen Drehbuch bis zum abgedrehten Film alle Prozesse planen und organisieren können: Das beginnt beim Erstellen von Drehplan, visuellen und inhaltlichen Konzepten über die Integration von Fotos und Storyboards bis hin zum Erstellen Techniklisten und Buchanmerkungen. Als webbasierte Anwendung ist sie von jedem Browser über einen passwortgeschützten Zugang abrufbar.
Anwender haben die Wahl zwischen verschiedenen Paketen: Der Einzelzugang für kleinere Projekte wie Kurzfilme bietet fünf einzelne Zugänge an. Der Projektzugang richtet sich an größere Produktionen – unbegrenzt viele Nutzer können hier zusammenarbeiten. In Zukunft könnte SCRIPTtoMOVIE in Bereichen, die die Lösung selbst nicht abdeckt, über gemeinsame Schnittstellen ergänzt werden.
Unterstützung durch die Crowd
Schon während der Entwicklungsphase setzte Froschmayer auf ein relativ neues Finanzierungsmodell: Um sein eigenes Risiko für sich zu minimieren, vertraute der Regisseur auf Crowdfunding: Über die Plattform Startnext sammelte er über 20.000 Euro ein, die allesamt in die Entwicklung flossen. Zusätzlich vergab der Medienfond Berlin-Brandenburg eine Förderung, um das Projekt zu realisieren.
Sein Konzept sah zunächst vor, SCRIPTtoMOVIE möglichst günstig umzusetzen. Die Lösung wäre dann nur für Regie, Regieassistenz, fünf Hauptrollen, Aufnahmeleitung, Kamera und Bühnenbild konzipiert gewesen. Doch schnell kam Froschmayer von dieser Idee ab: „Das hätte bedeutet, dass wir einen Großteil des Teams ausschließen – die spätere Integration wäre wesentlich aufwendiger und teurer geworden.“ Stattdessen sollen in SCRIPTtoMOVIE alle Departments von Anfang an in einem Projekt zusammenarbeiten. Deshalb wurden auch Requisite, Maske und Kostüm genauso wie die logistischen Aufgaben der Produktion integriert.
Anfang März soll SCRIPTtoMOVIE auf den Markt kommen – ein weiterer Schritt für das digitale Set, auch wenn Froschmayer den Begriff ungern verwendet: „Vor dem ‚digitalen Set‘ haben alle Angst. Wenn man damit kommt, schreckt man viele ab und hat keine Chance,“ erklärt er. „Digitale Lösungen werden sich erst dann durchsetzen, wenn das Digitale nicht mehr erkennbar ist. Das lässt sich mit der Apple-Philosophie vergleichen: ‚Technik ist dann am besten, wenn man sie nicht mehr wahrnimmt‘.“
Bei SCRIPTtoMOVIE erhofft er sich einen ähnlichen Schub für die Digitalisierung der Filmproduktion dank benutzerfreundlicher, gut durchdachter Software.
Wichtigstes Arbeitsgerät: der Kopf
Auch wenn seine Crowdfunding-Kampagne ihr Finanzierungsziel erreicht hat: Froschmayer sieht Crowdfunding-Kampagnen auch kritisch. „Die ersten zehn Prozent der Finanzierung kommen schnell zusammen, der Rest braucht enorm viel Kommunikationsaufwand,“ so Froschmayer rückblickend. „Nur wenn man ein ganz spezifisches Produkt macht, nach dem eine ganz spezifische Zielgruppe lechzt, dann ist es eine gute Möglichkeit.“ Doch für kleinere Projekte wie die Realisierung eines Kurzfilms eines jungen Kreativen sei Crowdfunding nach wie vor das Mittel der Wahl.
Froschmayer ist derzeit mit SCRIPTtoMOVIEund dem bevorstehenden Launch der Lösung gut ausgelastet. Auf die obligatorische letzte Frage „What’s in your bag?“ findet er als derzeit hauptberuflicher Projektmanager und Software-Entwickler eine kurze wie einleuchtende Antwort: „Meinen Kopf.“